Tanzen & Bälle

Oma und Lea steigen aus dem Bus aus, und Lea fragt Oma:

„ Ist es noch immer so, dass die Jungs für die Mädchen Blumen zum Ball mitbringen?“

„Eigentlich schon, denn diese Tradition hat auch heute noch bestand. Erlaubt ist eine von einer einzelne Blume bis hin zum klassischen Biedermaier – SträuĂźchen. Jeder sagt mit seiner Blumenwahl individuell ‘Dankeschön’ fĂĽr die vergangenen Tanzstunden.“ „Wäre es nicht gerecht, wenn wir Mädchen den Jungs auch etwas mitbringen wĂĽrden?“ „Ja, das machen auch viele,“ antwortet Oma. „ Es ist zwar nicht verbindlich, aber ĂĽber ein paar SĂĽĂźigkeiten oder eine andere Kleinigkeit freuen sich die Jungs bestimmt auch. Du legst deine Stirn so in Falten, woran denkst du gerade Lea?“ Ich habe gerade daran gedacht, dass wenn die Herren den ganzen Abend ihr Sakko anhaben und viel tanzen, es ihnen bestimmt ziemlich warm wird,“ sagt Lea. „Da haben wir es mit unseren Kleider besser.“ „DĂĽrfen die Herren ihr Sakko auch ausziehen?“ „Sie sollten ihr Sakko nur dann ablegen, wenn es der Veranstalter ab einem bestimmten Zeitpunkt erlaubt. Aber bevor der Herr es auszieht, sollte er ebenfalls seine Begleitung um Erlaubnis fragen. Stimmt sie zu, kann er es endgĂĽltig ablegen.“ „Das gefällt mir“, antwortet Lea. „Zwei Kleinigkeiten wĂĽrde ich dir noch gerne mit auf dem Wege geben, bevor sich unsere trennen“, sagt Oma. „Nach jedem Tanz sollte man der Musik applaudieren, und was immer noch Zeichen von groĂźer Höflichkeit ist, wenn man sich beim Veranstalter persönlich verabschiedet und sich fĂĽr den Abend bedankt. Dies haben leider schon viele wieder vergessen.“ „Auwei“, sagt Lea, „ dann hat ja der Veranstalter bei einer groĂźen Ballveranstaltung eine Menge ‘Hände’ zu schĂĽtteln.“ „Du sagst es“, sagt Oma, „deshalb darf man es bei GroĂźveranstaltung auch ausnahmsweise vernachlässigen.“ „So“, sagt Lea, „ hier muss ich abbiegen und vielen herzlichen Dank, dass du mit mir einkaufen warst, und mich ‘Ballfit’ gemacht hast. Jetzt hoffe ich nur, dass ich meinem Tanzpartner nicht so auf die FĂĽĂźe trete…“

Oma und Lea sitzen im Bus um in die Stadt zu fahren. Sie wollen fĂĽr Lea nach einem Ballkleid schauen, denn in KĂĽrze steht ihr erster Ball ins Haus. „Oma“, sagt Lea, „wir bekommen zwar erst in der nächsten Woche in der Tanzschule den Benimm Kurs ‘Der Ball-die Party mit dem erhöhten Drehmoment’, aber mich interessiert jetzt schon, wie das mit dem Auffordern zum Tanzen aussieht.

Darf ich als Mädchen auch jemanden auffordern, wie oft darf ich jemanden einen ‘Korb’ geben und was ist mit den ‘Pflichttänzen’? Gibt es die noch?“

„Oh je, das sind ja eine Menge Fragen auf einmal. Fangen wir mal mit dem Auffordern an. Ich denke mit welcher Formulierung man jemanden zum Tanzen auffordert, hängt ein wenig von der Generation ab. Ältere Menschen verwenden gerne immer noch „Darf ich bitten“ oder „Gestatten Sie“. Unter Bekannten und Freunden fragt man eher “wollen wir zusammen tanzen?“ oder „hast du Lust zum Tanzen?“ Bei Jugendlichen kann manchmal eine Aufforderung auch nonverbal sein. Alles ist O.K., solange es höflich ist.“ Lea grinst und Oma erzählt weiter. „Früher bedeutete eine superkorrekte Aufforderung zum Tanz für den Herren sechs Verbeugungen. Die erste, um den Begleiter der Dame zu fragen, ob er es zulässt, dass man mit ihr tanzt. Die zweite, um sich ihre Erlaubnis zu holen. Die 3. Bevor er auf der Tanzfläche die Tanzhaltung eingenommen hat. Die 4. Nach Beendung des Tanzes. Die Fünfte vor der Dame, nachdem man sie zum Platz zurückgebracht und die sechste als Dank an den Herren, der so freundlich war, seine Begleiterin auszuleihen.“
„Mein Gott, war das aufwendig. Davon kriegt man ja einen Kreuzschaden“, sagt Lea. „Ja“, erwidert Oma. „Heutzutage muss man nicht mehr die Begleitung fragen, ob man mit dem Partner tanzen darf. Jeder entscheidet fĂĽr sich selbst. Genauso dĂĽrfen die Frauen heute auch selbst auffordern und mĂĽssen nicht mehr warten bis sie aufgefordert werden.“ „Darf ich auch jemanden einen Tanz abschlagen?“ fragt Lea. „Ich will deine Frage mal so beantworten“ sagt Oma, „wenn man jemanden einen Tanz abschlägt, egal ob als Dame oder Herr, muss man sich bewusst sein, dass es fĂĽr denjenigen, der abgewiesen wurde, sehr verletzend sein kann. Vor allem dann, wenn eine Aufforderung zu gleichen Tanz, Sekunden später angenommen wird.“ „Ich glaube Oma, ich verstehe was du damit meinst. Man sollte sich diplomatisch verhalten.“ „Richtig“, sagt Oma, deine weitere Frage mit den ‘Pflichttänzen’ erzähle ich dir beim nächsten Mal, denn jetzt mĂĽssen wir erstmal aussteigen.”

Oma und Lea sitzen geschafft im Bus auf dem Heimweg. Sie waren unterwegs gewesen um für Lea ein Kleid für ihren Ball zu kaufen. „Jetzt steht dem Ball nichts im Wege“, sagt Lea, „und ich kann es gar nicht mehr erwarten, das Kleid anziehen zu dürfen.

Oma, du wolltest mir doch noch erklären, ob ich jemanden einen Tanz abschlagen darf?“

„Stimmt“, sagt Oma, „ich will deine Frage mal so beantworten, wenn man jemanden einen Tanz abschlägt, egal ob als Dame oder Herr, muĂź man sich bewusst sein, dass fĂĽr denjenigen, der abgewiesen wird, es sehr verletzend sein kann. Vor allem dann, wenn eine Aufforderung zum gleichen Tanz, Sekunden später angenommen wird.“ „Ich glaube Oma, ich verstehe was du damit meinst, man sollte sich diplomatisch verhalten.“ „Richtig“ sagt Oma. „Sag mal“, Oma, „gibt es eigentlich noch ‘Pflichttänze?’, fragt Lea. „Mehr oder weniger“, antwortet Oma. „FrĂĽher musste jeder Herr mindestens einmal jede Dame am Tisch zum Tanzen auffordern. Das Problem heute ist, das viele Männer diese Regel nicht mehr kennen, und so kann es passieren, dass wenn nur ein Herr im Kreise von mehreren Paaren seine ‘Pflichttänze’ erfĂĽllt und seine Partnerin ĂĽbertrieben gesagt, den halben Abend auf das Tanzen verzichten muss. FrĂĽher spielten die Kapellen zu Beginn eines Ballabends nur ganz kurze Tanzserien von 2-3 Tänzen, damit die Pflichttänze in kurzer Zeit ‘abgetanzt’ waren. Heute machen die meisten Orchester frĂĽhestens nach 5-6 Titeln eine Pause. Bei Veranstaltungen wo die Musik von CD kommt, gibt es gar keine Pause mehr. Deshalb sagt man, dass es bei einem öffentlichen Ball keine Pflichttänze mehr gibt, bei einer geschlossenen Veranstaltung hingegen noch vorstellbar und auch zu empfehlen ist. Es macht ja auch SpaĂź, mal mit seinen Freunden und Bekannten zu Tanzen.“ „Das finde ich auch“, sagt Lea und im gleichen Atemzug: „Ohje, jetzt sind wir doch durch unser Gespräch eine Haltestelle zu weit gefahren“. Beide schauen sich an und lachen und Oma sagt: „Ein paar Schritte an frischer Luft haben noch keinem geschadet.“