Presse - Bräuteschule

 

Bericht der Oberhessischen Presse Marburg am 28.12.2006

Marburg. Schon jetzt ist für den Marburger Tanzlehrer Jörg Henseling nichts mehr so, wie es war.

von Gabriele Neumann

Aber am 9. Januar wird sich wohl noch mehr ändern: Dann startet im ARD-Vorabendprogramm die 16-teilige Serie „Die Bräuteschule“. Darin werden zehn junge Frauen auf dem Weg zur perfekten Hausfrau und Mutter begleitet – originalgetreu so, wie es 1958 war.

Henseling agiert in der Serie als Tanz- und Benimmlehrer. Der Autor der Benimmtipps im OP-Wochenendmagazin setzte sich in vier Casting-Runden durch und vertiefte sich dafür intensiv in die Benimm-Regeln der Wirtschaftswunderzeit:

Für eine gut erzogene Frau war es vor 50 Jahren undenkbar, alleine ein Restaurant zu betreten. Der Austausch von Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit war ebenso tabu. Im Gespräch mit der OP berichtet Henseling von seinen Erfahrungen bei den Dreharbeiten und den Unterschieden zwischen 1958 und 2006.

Mehr dazu lesen Sie in der Printausgabe der OP 


Bericht der Marburger Neuen Zeitung am 09.01.2007

Der Marburger Jörg Henseling unterrichtet Benimmregeln der 50er für ARD-Serie

“Meine Herren, bitte verbeugen Sie sich”

Marburg. Heute Abend startet in der ARD die Serie “Bräuteschule” (siehe Kasten). Zehn junge Frauen lassen sich dafür in die Zeit von 1958 versetzen. Mit dabei: Der Marburger Tanzlehrer Jörg Henseling (42). Er brachte seinen Schülern nicht nur die richtigen Tanzschritte, sondern auch die Benimmregeln der 50-er bei.

Wie war es im Jahr 1958?
Jörg Henseling: Wunderbar. Es ist eine Zeitreise gewesen. So etwas kann man im Reisebüro nicht buchen. Die ARD hat die Umgebung so gestaltet, wie es für die 50er Jahre typisch war – bis hin zur Tapete oder dem Besteck. Für die zehn jungen Frauen, die bei der “Bräute-schule” mitgewirkt haben, war es aber sicher nicht einfach. Zum Beispiel durften sie nur einmal in der Woche duschen.

Und wieso?
Henseling: Das war zur damaligen Zeit so üblich und hatte wirtschaftliche Gründe. Die Hälfte des Netto-Einkommens wurde für Lebensmittel aufgebraucht. Es musste gespart werden. Üblicherweise gab es samstags einen Badetag. Erst badete der Vater, dann die Mutter und dann die Kinder. Daran wird auch die Hierarchie in der Familie deutlich.

Worin unterscheiden sich die jungen Frauen von den heutigen?
Henseling: Sie waren genauso intelligent, genauso neugierig wie die Frauen heute. Die Gesellschaft hatte aber andere Regeln, die ganz klar ausgesprochen und befolgt wurden. Was ich vom Dreh mitnehme ist, wie unterdrückt die Frauen damals waren. Heim und Herd standen für sie im Mittelpunkt. Wenn der Mann abends nach Hause kam, musste die Frau ihn umsorgen. Es ist fantastisch, wie viel seither durch die Emanzipation erreicht wurde.

Sie sind als Tanz- und Benimmlehrer für die “Bräuteschule” engagiert worden. Welche Benimmregeln gab es überhaupt zu dieser Zeit?
Henseling: Positiv ist, dass es viel Wertschätzung im Umgang miteinander gab. Die Herren hatten sich ritterlich zu verhalten, die Damen nicht wie eine Diva. Viele Regeln sollten dem Schutz der Frau dienen. Ein Mann durfte den Namen und das Ansehen einer Dame nicht ins falsche Licht rücken. Er durfte nicht mit einer Dame flirten, ohne ernste Absichten zu haben. Frauen durften nicht von einem Mann angesprochen werden. Eine Unterhaltung war nur möglich, nachdem beide durch eine dritte Person einander vorgestellt worden waren. Wenn ein unanständiger Witz erzählt wurde, musste eine Dame so tun, als hätte sie ihn nicht gehört und wäre mit ihren Gedanken woanders gewesen.

Wie lange dauerte ihre Zeitreise in das Jahr 1958?
Henseling: Ich war nicht die gesamten sechs Wochen dort, sondern bin nur zwischendurch immer wieder hingefahren. Insgesamt waren es 18 Tage. Für die Mädchen hat die Zeitreise aber sechs Wochen gedauert. Ich habe den Tanzunterricht gegeben und damit auch gleichzeitig den Benimmunterricht. Unter anderem habe ich einen jungen Mann auf seinen Heiratsantrag vorbereitet.

Wie sind Sie Tanzlehrer in der “Bräuteschule” geworden?
Henseling: Ich bin ein großer Fan dieser Doku-Soaps (Dokumentation-Seifenopern). Deshalb habe ich mich beworben, bin durch vier Castings gegangenen und wurde dann schließlich genommen. Insgesamt 1500 Menschen haben sich als Mitwirkende für die “Bräuteschule” beworben.

Was nehmen Sie aus der “Bräuteschule” mit?
Henseling: Ich habe es genossen, einmal einen ganz anderen Unterricht zu machen. Es gab in der “Bräuteschule” immer klare Anweisungen für die Schüler, zum Beispiel: “Meine Herren, bitte verbeugen Sie sich.” Oder: “Meine Herren, bitte engagieren Sie sich”. Letzteres bedeutet: “Fordern Sie die Damen auf”. Solche wunderbaren Sätze werde ich vermissen.

Von Carmen Schmidt | Tel.: (06462) 939717 | c.schmidt@mittelhessen.de


Zwischen Rock´n´Roll und Rindsroulade
Bericht des Gießener Anzeiger am 02.01.2007

“Bräuteschule” entführt in die Zeit der 50er Jahre – Living History ab 9. Januar im Ersten mit Marburger Tanzlehrer

MARBURG (V). “Schieben Sie Ihrem Mann sein Kissen zurecht und bieten Sie ihm an, seine Schuhe auszuziehen. Seien Sie fröhlich, machen Sie sich interessant für ihn. Er braucht vielleicht ein wenig Aufmunterung nach einem ermüdenden Tag und es gehört zu Ihren Pflichten, dafür zu sorgen!” – so steht es im “Monthly Housekeeping Katalog” aus dem Jahr 1955. In diese Zeit entführt die neue Living-History-Serie “Bräuteschule” , die ab 9. Januar im Vorabendprogramm des Ersten zu sehen ist. In der “Bräuteschule” – ein Internat zwischen Hauswirtschaftsschule und Akademie für Höhere Töchter – werden gemäß den Regeln und Konventionen der 50er Jahre aus modernen jungen Frauen respektable Ehefrauen. Die Schülerinnen müssen den Spagat zwischen hausfraulichen Pflichten und jugendlichen Schwärmereien bewältigen: Elvis im Ohr, Rock´n´Roll in den Füßen – Kochen, Putzen, Waschen und Benimm-Unterricht auf dem Lehrplan. Wie kommen junge Mädchen von heute mit dem damaligen Frauenbild klar? Überwiegt die Sehnsucht nach der Freiheit unserer Zeit oder gewinnt die geordnete Rollenverteilung der 50er?

Zehn junge Frauen zwischen 17 und 23 Jahren machen das Experiment ihres Lebens und wagen das Erlebnis 50er Jahre in der “Bräuteschule”: Sie wohnen in karg eingerichteten Dreibettzimmern, pendeln zwischen Lehrküche, Wasch- und Bügelraum, Schulgarten und Klassenzimmer – nur zu besonderen Anlässen ist die Benutzung des Salons gestattet. Statt Disco & Shopping stehen Kochen, Putzen, Waschen, Bohnern, Bügeln und Benimm-Unterricht auf dem Stundenplan. Die gestrenge Schuldirektorin – eine der Schülerinnen ist übrigens ihre Tochter – und drei Lehrerinnen kümmern sich um die richtige Erziehung der jungen Damen.
Damit der Mann im Haus nicht gänzlich fehlt, sorgen der Hausmeister und seine zwei jungen Gehilfen für tatkräftige Unterstützung.
Eine willkommene Abwechslung bietet der wöchentliche Tanzunterricht: Mit ADTV Tanz-Benimmlehrer Jörg Henseling aus Marburg. Und samstags dürfen die Mädchen in die Milchbar – in der Hoffnung mit einem gut aussehenden jungen Herren statt Walzer Rock´n´Roll zu tanzen…
Jörg Henseling ist mit Freude an das Projekt gegangen. Für die Tanzstunde a lá 1958 hat der 42-Jährige ein bis ins Detail ausgearbeitetes, stimmiges Konzept erstellt, hat genau hingeschaut, was damals anders und typisch war, worauf besonderer Wert gelegt wurde.
Das Outfit folgte 1958 zum Beispiel strengen Regeln: Tanzlehrerinnen und Tanzlehrer erschienen selbstverständlich konservativ im Kostüm oder im Anzug, mit Schlips oder Fliege, die Damen und Herren Tanzschüler im Kleid, Rock oder Anzug. Hosen für Damen gab es nicht! In den Pausen wurden Wasser oder Himbeersaft (Wasser mit Sirup) getrunken. Neben dem Auffordern der Dame durch den Herrn oder dem exakten Verbeugen gab es das Promenieren des Herrn mit der Dame im Kreis oder Anweisungen zum kultivierten Umgang mit “Mauerblümchen”, den weniger begehrten Tanzpartnerinnen. Letzteres wurde ohne die Damen besprochen. Benimm und Etikette waren strikt einzuhalten. Aufforderungen der Tanzlehrer folgte man ohne Diskussion.

Jörg Henseling hat sich für die History-Serie mit einiger Versessenheit in den Zeitgeist der Epoche hineinversetzt und größtmögliche Genauigkeit angestrebt. Es soll ja kein falscher Fuffziger auftauchen! Im Gegenteil: Es soll so sein, als wäre man zurückgebeamt. Wobei er betont, er wolle nicht den Muff alter Zeiten zurückholen, sondern einfach an dem Projekt mitarbeiten, die 50er Jahre so gut wie live erstehen zu lassen. Im April ist “Die Bräuteschule” im rheinlandpfälzischen Hunsrück produziert worden. Ein idyllisches Waldschlösschen im Hunsrück – das mit Nierentisch, Lampenschirm, Retro-Tapete und Originalmöbeln aus den 50er Jahren ausgestattet ist – lässt das Lebensgefühl dieser ereignisreichen Zeit auch für den Zuschauer aufleben.

Das gilt selbstverständlich auch für Lebensart und Lebensalltag: Es fiel der ein oder anderen Schülerin schwer, sich nur einmal in der Woche zu duschen, Schürze und Haube zu tragen, Kohleöfen zu reinigen und mit vollem Körper- und Krafteinsatz per Hand Wäsche zu waschen und zu schleudern. Auch die Zubereitung eines Kalbsnierenbratens oder einer Rinderzunge dürfte allzu zart besaiteten jungen Damen aufs Gemüt geschlagen haben…
Ab 9. Januar strahlt das Erste 16 Folgen der “Bräuteschule” im Vorabendprogramm aus. Zu sehen jeweils Dienstag bis Donnerstag ab 18.50 Uhr.